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Bildaufnahmen in öffentlicher Toilette ohne Einwilligung - DSGVO-Strafe in Höhe von EUR 25.000,-- gegen den Verantwortlichen verhängt - € 2.500,-- an Kosten

Eine Person hat m Zeitraum vom 01.06.2020 bis 31.07.2020 insgesamt an drei unterschiedlichen Tagen, jedoch jedenfalls am 24.07.2020, für die Dauer von jeweils neun bis zwölf Stunden über den jeweiligen Tag verteilt in einer der befindlichen (öffentlichen) WC-Anlagen innerhalb einer Toilettenkabine eine (versteckte) Bildbearbeitungsanlage (WiFi-Kamera) montiert und betrieben.

 

Dadurch filmte der Verantwortliche betroffene Personen heimlich bei der Nutzung der WC-Anlage

 

Eine Rechtsgrundlage dafür war nicht gegeben, und es wurde folgende Strafe verhängt.. 

 

 

 

 

 

Im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens, das nach einer Sachverhaltsdarstellung der Landespolizeidirektion nach Auffinden der Kamera letztlich durch die Datenschutzbehörde durchgeführt wurde, hat sich der/die Beschuldigte damit verantwortet, dass die DSGVO nicht anwendbar sei, weil die Haushaltsausnahme greifen würde. weil die Aufnahmen ausschließlich für den „persönlichen Gebrauch des Beschuldigten“ angefertigt wurden.

 

Der Beschuldigte gestand den Tatvorwurf zu.

 

Die DSB erhob die Vermögensverhältnisse für die Strafzumessung:

 

Einkommen nach Abgaben und Steuern monatlich netto EUR 4.000 (12x im Jahr)  Nach Bildung der Rücklagen im Monat netto EUR 1.730 (14x im Jahr). 

 

Vermögen nach Angaben des Beschuldigten): drei Kraftfahrzeuge, zwei davon mit einem Wert von je EUR 40.000,-- sowie eine Eigentumswohnung (EUR 120.000,--) und einen Bausparvertrag (EUR 7.000,--)

 

Die Strafzumessung im Straferkenntnis GZ: 2022-0.585.764 vom 23. August 2022 (Verfahrenszahl: DSB-D550.509): 

 

4.2. Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. VwGH 05.09.2013, 2013/09/0106).

 

4.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Grundlagen für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Überdies sind nach dem Zweck der Strafdrohung die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen; dies allerdings nur in dem Ausmaß, als nicht die unmittelbar zur Anwendung gelangenden Bestimmungen der DSGVO die Bestimmungen des VStG verdrängen und in dem Umfang, welcher von Art. 83 Abs. 8 DSGVO und Erwägungsgrund 148 im Hinblick auf die zu gewährleistenden Verfahrensgarantien angeordnet wird.

 

4.4. Wenn eine Geldstrafe gegen eine natürliche Person verhängt wird, ist gemäß § 16 Abs. 1 VStG zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe darf dabei das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen.

 

4.5. Durch Art. 83 Abs. 3 DSGVO wird in Abweichung zu dem mit § 22 Abs. 2 VStG normierten Kumulationsprinzip angeordnet, dass in Fällen gleicher oder miteinander verbundener Verarbeitungsvorgänge, durch die vorsätzlich oder fahrlässig gegen mehrere Bestimmungen der DSGVO verstoßen wird, der Gesamtbetrag der Geldbuße nicht den Betrag für den schwerwiegendsten Verstoß übersteigt. Somit gilt im Anwendungsbereich der DSGVO – wie im vorliegenden Fall zur Anwendung gebracht – das Absorptionsprinzip des Art. 83 Abs. 3 DSGVO.

 

4.6. Der Strafrahmen im konkreten Fall reicht gemäß Art. 83 Abs. 5 DSGVO bis zu einem Betrag in der Höhe von EUR 20.000.000,-.

 

4.7. Bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt wurde bei der Strafzumessung Folgendes erschwerend berücksichtigt:

 

Art, Dauer und Schwere des Verstoßes: Der Beschuldigte hat durch die gegenständliche Verarbeitung in das Grundrecht auf Geheimhaltung von zahlreichen Betroffenen unrechtmäßig eingegriffen. Der Beschuldigte setzte die gegenständliche Bildverarbeitungsanlage insgesamt drei Mal (jeweils für die Dauer von mehreren Stunden über den jeweiligen Tag der Installation verteilt) in einem Zeitraum von zwei Monaten ein. Dabei wurde die Intensität des Eingriffs als besonders erschwerend berücksichtigt, da der Beschuldigte einen äußerst gravierenden Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen vornahm. Die öffentlichen WC-Anlagen am Tatort wurden und werden von Betroffenen genutzt, um ihre Notdurft zu verrichten und/oder ihre Kleidung zu wechseln. Die Betroffenen mussten jedenfalls nicht damit rechnen, dass sie während eines sehr intimen Momentes heimlich von einer Bildbearbeitungsanlage erfasst und aufgezeichnet werden und dass die Aufzeichnungen in Folge vom Beschuldigten eingesehen werden. Die Betroffenen wurden dadurch schwer in ihrem Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 1 DSG sowie die Achtung des Privat- und Familienlebens und das Recht auf Schutz personenbezogener Daten nach Art. 7 und 8 EU-GRC verletzt. (Art. 83 Abs. 2 lit. a und k DSGVO).

 

 Kategorien personenbezogener Daten, die vom Verstoß betroffen sind: Im Konkreten Fall waren zwar keine sensiblen Daten per se im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DSGVO, jedoch besonders intime Bilddaten von Betroffenen vom Verstoß betroffen (Art. 83 Abs. 2 lit. g DSGVO).

 

 Der Verstoß wurde vom Beschuldigten vorsätzlich begangen. Als besonders Erschwerend wurde der Umstand gewertet, dass der Beschuldige wissentlich und willentlich mehrmals die Entscheidung getroffen hat, seinem technischen Interesse durch die Anbringung der Kamera in einer öffentlichen WC-Anlage nachzukommen, weil es einen „gewissen Reiz des Unerlaubten“ hatte (Art. 83 Abs. 2 lit. b DSGVO).

 

4.8. Bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt wurde bei der Strafzumessung Folgendes mildernd berücksichtigt:

 

 Gegen den Beschuldigten lagen bis dato bei der DSB keine einschlägigen Vorstrafen aufgrund von Verstößen gegen die DSGVO oder des DSG vor.

 

Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren: Der Beschuldigte hat auf die Aufforderungen der DSB im Verwaltungsstrafverfahren fristgerecht reagiert und kam der Ladung zur Einvernahme per Videokonferenz nach. Dadurch hat er im Ermittlungsverfahren der DSB mitgewirkt und einen Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet. Dies wurde als strafmildernd berücksichtigt.

 

 Der Beschuldigte räumte gegenüber der DSB die heimliche Aufzeichnung innerhalb der WC-Anlagen ein (Geständnis) und gab zudem mehrmals an, dass er es künftig unterlassen wird, eine derartige Verarbeitung vorzunehmen („es war ein einmaliger Blödsinn“). Bei seiner Einvernahme am 14.06.2022 zeigte sich der Beschuldigte reuig und erweckte den Eindruck, dass er seine Taten bereut und mit diesem Kapitel abschließen möchte. Diese Umstände wurden ebenfalls als strafmildernd berücksichtigt.

 

4.9. Das Vorbringen des Beschuldigten, wonach es keine geschädigten Personen gab und dies ebenfalls als strafmildernd zu berücksichtigen sei, kann von der DSB nicht nachvollzogen werden. Der Eingriff des Beschuldigten in das Grundrecht auf Geheimhaltung der Betroffenen wurde von der DSB, wie oben ausgeführt, als gravierend bewertet und die Geheimhaltungsinteressen der Betroffene wurden vom Beschuldigten schwer verletzt. Außerdem kommt ein mangelnder Schaden nach der Rechtsprechung des VwGH bei einem Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG nicht als Milderungsgrund in Betracht (vgl. VwGH 31.03.2000, 99/02/0352; 16.12.1998, 98/03/0222). Aus dem Vorbringen, wonach der Beschuldigte die Aufzeichnungen nur persönlichen einsah und diese nicht für Schädigung oder Erpressung einer Person oder für wirtschaftliche Interessen verwendete, kann für den Beschuldigten daher nach Ansicht der DSB ebenfalls keine Strafmilderung gewonnen werden.

 

4.10. In Bezug auf das Einkommen des Beschuldigten ging die DSB von einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 3.979,- (12x im Jahr) aus. Die Ansicht des Beschuldigten, wonach bei der Festlegung seines Einkommens die von ihm für die Instandhaltung der XXX zu bildenden Rücklagen abzuziehen seien und somit ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 2.018 (12x im Jahr) als Grundlage für die Berechnung der Geldstrafe heranzuziehen sei, wird von der DSB nicht vertreten.

 

4.11.[...]

 

4.12. Bei der Bemessung der Strafe dürfen nach ständiger Rechtsprechung des VwGH auch Überlegungen der Spezialprävention und Generalprävention einbezogen werden (vgl. VwGH 15.5.1990, 89/02/0093, VwGH 22.4.1997, 96/04/0253, VwGH 29.1.1991, 89/04/0061). Die Aufsichtsbehörden müssen zudem nach Art. 83 Abs. 1 DSGVO sicherstellen, dass die Geldbußen in jedem Einzelfall wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.

 

4.13. Eines der wesentlichen Ziele der DSGVO ist gemäß Art. 1 Abs. 2 DSGVO der Schutz von Grundrechten und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten nach Art. 8 EU-GRC. Der Beschuldigte hat die Grundrechte der Betroffenen, wie oben ausgeführt, schwer verletzt. Die Verhängung der konkreten Geldstrafe ist daher jedenfalls im generalpräventiven Sinne erforderlich, um Verantwortliche, die eine Bildverarbeitungsanlage betreiben, in diesem Zusammenhang zu sensibilisieren, insbesondere dahingehend, dass eine derartige Verarbeitung zum Zwecke der Gewährleistung von technischen Interessen keine Deckung in der Rechtfertigungsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO findet.

 

4.14. Die DSB geht davon aus, dass der Beschuldigte es künftig unterlassen wird, derartige Aufzeichnungen vorzunehmen. Der Beschuldigte gab gegenüber der DSB jedenfalls mehrmals an, dass er künftig von solchen Aufzeichnungen Abstand nehmen wird. Daher liegen nach Ansicht der DSB keine spezialpräventiven Gründe vor.

 

4.15. Die konkret verhängte Geldstrafe in Höhe von EUR 25.000,- erscheint daher im Lichte der oben angeführten Strafbemessungsgründe, vor allem dem großen Unrechtsgehalt der Tat, aus generalpräventiven Gründen und dem groben Verschulden des Beschuldigten sowie unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten und des zur Verfügung stehenden Strafrahmens des Art. 83 Abs. 5 DSGVO (hier bis zu EUR 20.000.000) im Ergebnis tatund schuldangemessen.

 

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