Löschung von negativen Zahlungsdaten - OGH-Urteil

OGH entschied zur Löschfrist von Bonitätsdaten

Immer wieder taucht in meiner Praxis die Frage auf, wenn "negative Zahlungserfahrungen" aus Bonitätsdatenbanken zu löschen sind.

 

Die "Schuldner", deren Daten in Bonitätsdatenbanken erfasst sind, haben es schwer, zB Mobilfunkverträge abzuschließen, weil negative Zahlungserfahrungen (auch historische) vorhanden sind.

 

Mit dieser Frage haben sich die Datenschutzbehörden bereits auseinandergesetzt, und nun hat auch der OGH dazu eine Entscheidung gefällt, in der es um das Löschen der (historischen) negativen Zahlungserfahrungen gem. Art 17 DSGVO geht.

 

 

Der OGH verweist in der aktuellen Entscheidung vom 23.06.2021 GZ 6 Ob 87/21v auf die

 

  • Entscheidungen des BVwG mit der 5-Jahresfrist (nach KapitaladäquanzVO) und
  • eine weitere, noch nicht rechtskräftig entschiedene Rechtssache der DSB DS („7 Jahre generell sind zu viel“) aus 2019 hin

 

 

und scheint davon auszugehen, dass längere Speicherdauern gerechtfertigt sind, da nicht nur „Momentaufnahmen“ für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit einer Person eine Rolle spielen, sondern langfristige Beobachtungszeiträume bestehen sollten.       

 

„ [...] Diese Argumente gegen eine absolute Speicherdauer von zehn Jahren können allerdings die Argumente für eine derartige Speicherdauer nicht überwiegen. Vielmehr ist es gerade notwendig, Zahlungserfahrungsdaten über einen langen Zeitraum zu erfassen, um auch Tendenzen feststellen und Momentaufnahmen vermeiden zu können. Es mag stimmen, dass der (bis zu) zehnjährige Zeitraum aus Sicht der Klägerin (subjektiv) nachteilig erscheint, auch wenn Daten im gegenständlichen Fall nicht so lange gespeichert wurden. Aus der Sicht eines Schuldners, der sämtliche Rechnungen pünktlich bezahlt, stellt ein zehnjähriger Zeitraum wiederum einen Vorteil dar. Ein verständiger Empfänger dieser Daten wird auch in der Lage sein, diese Daten einschätzen zu können. ...“

 

 

 

 

Die Festlegung der (generellen) Speicherdauer / Löschfrist hängt von einigen Faktoren ab, nämlich:

 

  • Höhe der einzelnen Forderungen,
  • das Datum der Eintragung der Forderungen in die Datenbank,
  • die Zeitdauer bis zur vollständigen Begleichung der Forderungen und ob zB gerichtliche Schritte erforderlich waren oder Ratenzahlungen notwendig waren
  • die Anzahl der Forderungen 
  • die Zeit an, die seit Begleichung einer Forderung verstrichen sei und in der sich der Schuldner seither „wohl verhalten“ hat, und seine offenen Forderungen pünktlich beglichen hat

 

Sinnvollerweise sollte bei Festlegung der Speicherdauer auch danach differenziert werden, wie hoch die Forderung/en sind, und auch darauf abgestimmt ein Löschkonzept für negative Zahlungserfahrungen aufgebaut werden bzw. uU "Bagatellfoderungen" zur Gänze außer acht gelassen werden, sofern es nicht zahlreiche Forderungen sind, die insgesamt eine gewisse, definierte Höhe überschreiten.

 

Wesentlich ist, inwieweit die "kreditgebende Wirtschaft" und damit sind nicht nur Banken gemeint, sondern auch Unternehmen, die den Käufern ihre Waren mit Zahlungszielen (14 Tage, 30 Tage) verkaufen, aus den verarbeiteten Daten tatsächlich ableiten kann, dass die betroffene Person eine gute, mittlere oder schlechtere Bonität oder "Zahlungsmoral" aufweist, und so entscheiden kann, ob der/die betreffende Kunde/in tatsächlich eine Warenlieferung erhält (ohne diese im Voraus mit Sofortüberweisung, mit Paypal oder Kreditkarte) und ob mit einem Ausfall der sich daraus ergebenden Forderung zu rechnen ist, oder nicht. 

 

 

 

Wir werden Sie zu diesem Thema auf dem Laufenden halten; gerne können Sie unseren Newsletter abonnieren, dann erfahren Sie immer, wenn es Neuigkeiten gibt.

 

 

 

 

Download
Volltext der OGH-Entscheidung 6 Ob 87/21v vom 23.06.2021 zum Thema "Löschen von Negativdaten in Bonitätsdatenbanken"
OGH_Löschen_Bonitätsdaten_JJT_20210623_O
Adobe Acrobat Dokument 325.5 KB

Kommentar schreiben

Kommentare: 0