Bezahlen mit Daten


 

Pay or Track

„Bezahlen mit Daten“

Einwilligung oder Vertrag?


Es gab bereits eine Entscheidung zum „Standard-PUR-Abo“ im Jahr 2018. Die DSB hat nun (DSB-D122.974/0001-DSB/2019) eine weitere Entscheidung im Rechtsinformationssystem des Bundes dazu veröffentlicht.

 

 

Auswahlmöglichkeit für Nutzer

Der Verantwortliche bietet auf seiner Website journalistische Inhalte gegen Bezahlung (Abo) oder mit Zustimmung zum Tracking (mit Cookies für Werbeausspielungen) an.

 

„2. Die Besucher der Webseite der Beschwerdegegnerin haben die Möglichkeit, per Mausklick auf die Schaltfläche „OK“ oder auf einen Bereich außerhalb des Fensters zu drücken, wodurch die Einwilligung erteilt wird („Variante 1“). Wird die Einwilligung erteilt, können die Besucher die Webpage der Beschwerdegegnerin nutzen. Die Webpage wird in dieser Variante Dritten als Werbeplatz zur Verfügung gestellt. Es handelt sich hierbei um den Einsatz von „Werbe-Cookies“.

3. Als Alternative können Besucher der Webpage der Beschwerdegegnerin im unter Ziffer 1 beschriebenen Fenster auf die Schaltfläche „XY**-Abo“ per Mausklick drücken („Variante 2“).

4. Bei Abschluss eines kostenpflichtigen XY**-Abos (derzeit: EUR xx- monatlich, Stand 01. August 2019) kann die gesamte Webpage der Beschwerdegegnerin benutzt werden, findet kein Daten-Tracking statt und werden keine Fremdcookies gesetzt. Kein Daten-Tracking bedeutet, dass alle Fremdscripts und Cookies von Drittanbietern sowie Social-Media-Plugins dauerhaft deaktiviert sind, wobei diese durch den Besucher einzeln aktiviert werden können.

5. Bei Variante 1 und Variante 2 besteht kein Unterschied hinsichtlich des inhaltlichen Zugangs der Webpage der Beschwerdegegnerin.“

 

 

Zuständigkeit der DSB – Medienprivileg

§ 9 DSG („Medienprivileg“) schließt nach Ansicht der DSB zwar die Anwendung der Grundsätze und der Rechte der betroffenen Personen nach DSGVO aus, nicht jedoch das Recht auf Geheimhaltung iSd § 1 DSG.

Weiters ist § 9 DSG nur auf die Verarbeitung von Daten „zu journalistischen Zwecken“ anwendbar. Die DSB kommt zum Schluss, dass „es sich bei den installierten „Cookies“ und dadurch erfassten Daten der Leser des Online N*Mediums jedenfalls um keine Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistischen Zwecken [handelt]. Der Zweck der Verarbeitung von Daten mittels Setzung von Cookies ist vielmehr technischer (bspw. Aufrechterhaltung einer Session) oder wirtschaftlicher Natur (Refinanzierung).“

 

 

Rechtmäßigkeit der Verarbeitung der „Cookie-Daten“?

Die DSB macht in dieser Entscheidung weitreichende Ausführungen zur Freiwilligkeit einer Einwilligung und zum Kopplungsverbot.

 

Nach Ansicht der DSB richtet sich die „Frage der Rechtsgrundlage bzw. der Erlaubnistatbestand der Verarbeitung von Cookies ausschließlich nach den spezialgesetzlichen Normen der - in Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 e-Datenschutz-RL ergangenen - nationalen Bestimmungen, insbesondere daher des § 96 Abs. 3 TKG 2003, wonach eine Ermittlung von Daten (bzw. der Einsatz von Werbe-Cookies) nur zulässig ist, soweit eine Einwilligung erteilt wurde.“

 

Da das TKG keine Definition der Einwilligung enthält, greift die DSB auf Art 7 DSGVO und insbes. auch auf die Frage der Freiwilligkeit iSd Art 7 Abs 4 DSGVO zurück.

 

 

 

„Bezahlen mit Daten“ – freiwillige Einwilligung?

Die DSB legt (in Anlehnung an Kühnling/Buchner, DS-GVO Kommentar, RZ 41 ff. zu Art 7) einige Kriterien fest, nach denen eine Entscheidung gefällt werden kann, ob die Einwilligung zur Verarbeitung von (personenbezogenen) Daten „freiwillig“ ist, oder nicht.

 

1.    Ungleichgewichtslage

2.    Erforderlichkeit in Zusammenhang mit der vertragstypischen Leistung

3.    Zumutbare Alternative

4.    Interessensausgleich

 

Ergänzend zieht die DSB noch die Beurteilung heran, ob es für den Betroffenen Nachteile gibt, die die Freiwilligkeit der Einwilligung beeinträchtigen können, zB beträchtliche negative Folgen.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kommt die DSB zum Schluss, dass die Einwilligung „freiwillig“ erfolgt, und verweist auch darauf, dass der OGH (6Ob140/18h vom 31.08.2018) zur Kopplung eines Vertrages mit einer Einwilligung und Verarbeitung vertragsunabhängiger Daten, und im konkreten Fall es sich nicht um die Verarbeitung von „vertragsunabhängigen Daten“ handelt, „sondern vielmehr die „Einwilligung zur Datenverarbeitung“ eine synallagmatische Gegenleistung für ansonsten nur entgeltlich erhältliche journalistische Leistungen darstellt, an deren objektiven Werthaltigkeit keinerlei Zweifel besteht.“

 

 

Kritik an der Entscheidung:

Wenn die betroffene Person sich entscheiden kann, journalistische Informationen entweder gegen Bezahlung mit Geld (Abo) oder mit Daten (Tracking mit Werbung auf der Website des Verantwortlichen) in Anspruch zu nehmen, ist mE für die Frage einer Einwilligung als Basis für die Verarbeitung der Daten kein Platz.

 

Die betroffene Person schließt mit dem Verantwortlichen in beiden Fällen einen (entgeltlichen) Vertrag. Der Verantwortliche (Medienunternehmen) stellt der betroffenen Person (Websitenutzer) Informationen (Zeitungsartikel) auf entgeltlicher Basis zur Verfügung.

Die betroffen Person bezahlt mit Geld (Abo) oder Daten (bzw. des sich auf der Website Anzeigenlassen von Werbung).

 

Es liegt ein Vertrag vor, der in einem Fall die Verarbeitung der vom Nutzer zur Verfügung gestellten Daten – als Gegenleistung zur Informationsbereitstellung durch den Verantwortlichen - beinhaltet.

Die DSB spricht selbst von einem Synallagma, dh einem Austauschverhältnis (= Inhalte gegen Daten bzw. Werbung auf der Website), und führt aus, dass eine ansonsten nur entgeltlich zu erhaltende journalistische Leistung, an deren objektiven Werthaltigkeit kein Zweifel besteht, vom Nutzer (= der betroffenen Person) in Anspruch genommen wird.

 

 

Ob die Inhalte, die auf der Website zur Verfügung gestellt werden, eine ausreichende Gegenleistung für die Setzung der Cookies darstellt, oder die betroffene Person zivilrechtliche Ansprüche gegen den Verantwortlichen geltend machen kann, kann nicht mit den Mitteln des Datenschutzrechtes, sondern ausschließlich mit den Regelungen des allgemeinen Zivilrechts (Preisminderung, Anfechtung, Verkürzung über die Hälfte) beurteilt werden.

 

 

23.06.2020, Autor:

 

Michael Schweiger, zert DSBA


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