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Die Übergabe einer Visitenkarte mit handschriftlicher Angabe der E-Mail-Adresse ist keine konkludente Zustimmung zum Erhalt von Werbemails

Das BVwG musste sich in einem Verwaltungsstrafverfahren mit der Frage der "konkludenten Einwilligung" zum Erhalt von E-Mail-Werbung auseinandersetzen. In einer aktuellen Entscheidung vom 16.08.2023 gibt es dazu Aufklärung.

 

A. Bemerkenswerte Aussagen zur Frage der Einwilligung nach § 174 TKG zur Direktwerbung per elektronischer Post:

 

Bei der Auslegung des Einwilligungsbegriffs ist für § 174 Abs 3 TKG 2021 – wie schon für § 107 Abs 2 Z 1 TKG 2003 – die datenschutzrechtliche Definition heranzuziehen (vgl. Riesz/Schilchegger aaO § 107 Rz 38 ff).

 

Gemäß Art 4 Z 11 DSGVO bezeichnet der Ausdruck „Einwilligung“ der betroffenen Person jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist." 

 

 

B. konkludente Einwilligung:

Der E-Mail-Empfänger hat dem Versender der Werbe-E-Mail eine Visitenkarte übergeben, auf der handschriftlich die E-Mail-Adresse des E-Mail-Empfängers festgehalten war.

 

Zur konkludenten Einwilligung hat der VwGH bereits entschieden, dass eine solche nur angenommen werden darf, wenn eine Handlung eindeutig zu verstehen ist und es keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln gibt, dass ein bestimmtes Verhalten nur als Einwilligung gedeutet werden kann (vgl. z.B. VwGH 24.03.2010, 2007/03/0177; OGH 01.02.2007, 2 Ob 161/06z).

 

Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (so stRsp des OGH seit 20.03.1986, 6 Ob 554/86, zuletzt 19.06.2013, 7 Ob 93/13x); daher kann auch die bloße Kontaktaufnahme auf einer Messe oder ähnlichen Veranstaltung keine solche Einwilligung bewirken (BVwG 11.03.2015, W120 2012498-1). 

 

Im Verfahren ist hervorgekommen, dass die Mitarbeiter der des Versenders davon ausgegangen seien, dass jene Personen, deren E-Mail-Adressen im Laufe der vergangenen Jahre in die Sphäre der weiteren Verfahrenspartei gelangt seien – meist in Form von Visitenkarten, die auf Messen des Baugewerbes übergeben oder in eine dafür vorgesehene Box geworfen worden seien –, mit der Zusendung der Newsletter  einverstanden seien. 

 

Die Kontaktdaten wurden von den Visitenkarten in eine Excel-Tabelle übertragen, aus der dann die E-Mail-Adressaten für die Zusendungen stammten.

 

Eine Kontaktaufnahme auf einer Messe stellt jedoch keine Einwilligung zum Erhalt einer E-Mail mit Werbecharakter dar.

 

Auch für den Fall, dass die Visitenkarte des E-Mail-Empfängers anderswo als auf einer Messe in die Sphäre des Versenders gelangt ist, stellt die Übergabe einer Visitenkarte, selbst wenn darauf handschriftlich eine E-Mail-Adresse vermerkt ist, keine ohne Weiteres anzunehmende Einwilligung zum Empfang von E-Mails zu Werbezwecken dar.

 

 

P.S.

Das BVwG hat die Strafe von EUR 500,-- auf EUR 250,-- herabgesetzt.

 


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