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Barrierefreiheitsgesetz für Websites: Gilt das schon, wenn nur eine Terminbuchung über die Website ermöglicht wird oder zB ein Kontaktformular angeboten wird?

Das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) in Österreich tritt am 28. Juni 2025 in Kraft und hat weitreichende Auswirkungen auf digitale Produkte und Dienstleistungen.

 

Die Anwendbarkeit des BaFG auf Websites mit Buchungsmöglichkeit oder Terminreservierung oder auch einem Kontaktformular hängt von mehreren Faktoren ab: 

 

 

 

1. Anwendungsbereich des BaFG

Das BaFG gilt für Unternehmen, die digitale Produkte und Dienstleistungen im Rahmen von Verbraucherverträgen anbieten. 

 

Konkret betrifft dies: 

1.1. Webshops und E-Commerce-Plattformen:

Websites, die

 

1. den direkten Verkauf von Produkten an Verbraucher oder 

 

2. den Abschluss von Dienstleistungsverträgen mit Verbraucher 

 

ermöglichen.

 

2. Online-Buchungssysteme:

Hierzu zählen Hotel- und Reiseportale sowie Websites mit Terminbuchungsfunktionen, z.B. für Gaststätten, Ärzte, Therapeuten oder Frisöre, da es sich um eine „Ferndienstleistung“ handelt, „die im Hinblick auf den Abschlusses eines Verbrauchervertrages über Websites und über auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen erbracht“ wird (§ 3 Z 27 BaFG)“.

 

Hinweis:

Hier wird es ausreichen, wenn die Terminbuchung dazu führt, dass davon auszugehen ist, dass unmittelbar auch ein „Leistungsanspruch“ durch die buchende Person entsteht, sohin es nicht um eine Terminfestlegung zur Besprechung geht, ob ein Vertrag mit dem Websitebetreiber über dessen Leistung zustande kommt, sondern klar ist, dass der „Termin“ bereits dazu dient, die Leistung auch konkret abzuwickeln (daher zB Frisör oder auch Gaststätte, bei der dann konkret auch ein Tisch freigehalten (weil reserviert) wird). Die konkrete Terminbuchung ist eine „Vorbereitungshandlung“ zum Vertragsabschluss, und nicht nur ein Termin, um einen Vertragsabschluss uU herbeizuführen (zB bei der Buchung eines Termins mit einem Rechtsanwalt, da dieser noch eine Konfliktprüfung etc... durchzuführen hat, bevor der Leistungsaustausch erfolgen kann). Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig werden.

 

3. Digitale Mitgliedschaften und Abonnements:

Websites, auf denen Verbraucher digitale Mitgliedschaften oder Abonnements abschließen können.

 

4. Digitale Publikationen:

Verlage, die digitale Inhalte zum Verkauf anbieten.

 

 

2. Notwendige Funktionen für die Anwendbarkeit

Ein reines Kontaktformular allein reicht in der Regel nicht aus, um unter das BaFG zu fallen. Die entscheidenden Faktoren sind: 

1. Vertragsabschluss: Das Gesetz zielt auf Websites ab, die einen Vertragsabschluss mit Verbrauchern ermöglichen.

 

2. Transaktionsfähigkeit: Die Website muss eine direkte Möglichkeit zum Abschluss von Geschäften oder zur Buchung von Dienstleistungen bieten.

 

3. Öffentliches Angebot: Das Angebot muss sich an einen allgemeinen Personenkreis richten.

 

 

3. Ausnahmen und Einschränkungen

1. Kleinstunternehmen: Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeiter:innen UND einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme unter 2 Millionen Euro sind von den Anforderungen des BaFG ausgenommen.

 

2. Reine Informationsseiten: Websites, die ausschließlich Informationen bereitstellen, ohne Transaktionsmöglichkeiten anzubieten, fallen nicht unter das BaFG.

 

3. B2B-Shops: Da das Gesetz auf Verbraucherverträge abzielt, sind B2B-Plattformen nicht betroffen.

 

4. Private Websites: Nicht-kommerzielle, private Webauftritte sind ebenfalls ausgenommen.

 

 

4. Gesetzliche Grundlagen in Österreich

Das BaFG ergänzt bestehende Regelungen wie das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG). Während das WZG primär öffentliche Websites betrifft, zielt das BaFG auf den privaten Sektor ab.

 

 

5. Fazit

Die Anwendbarkeit des BaFG auf eine Website hängt maßgeblich davon ab, ob sie Verbrauchern die Möglichkeit bietet, Verträge abzuschließen oder Dienstleistungen zu buchen

 

Ein reines Kontaktformular reicht nicht aus, während eine Terminbuchungsfunktion oder ein Webshop in der Regel unter das Gesetz fallen. 

 

Unternehmen sollten ihre digitalen Angebote sorgfältig prüfen und gegebenenfalls anpassen, um ab Juni 2025 den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen und mögliche Strafen von bis zu 80.000 Euro zu vermeiden.

 

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