Verwaltungsstrafverfahren und Privatbeteiligung der betroffenen Personen bei der Datenschutzbehörde


 

Verwaltungsstrafverfahren und Privatbeteiligung der betroffenen Personen bei der Datenschutzbehörde


Die österreichische Datenschutzbehörde hat kürzlich eine Entscheidung (DSB 2020-0.083.190, 21.02.2020) zu der Frage getroffen, ob die betroffene Person, die eine Beschwerde eingereicht hat, in der die Datenschutzbehörde festgestellt hat, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche gegen Art. 15 DSGVO verstoßen hat, an dem Verfahren über eine mögliche Verwaltungsstrafe gegen denselben Verantwortlichen Parteistellung haben kann.

 

Die Datenschutzbehörde kam zu dem Schluss, dass das österreichische Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eine solche Möglichkeit nicht vorsieht; der (ehemalige) Beschwerdeführer, der im Verwaltungsstrafverfahren die Zuerkennung der Parteistellung und Akteneinsicht beantragt hatte, ist an einem solchen Verfahren nicht beteiligt.

 

In seinem Erkenntnis vom 27. Februar 2019, Ra 2017/10/0121, hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ausdrücklich klargestellt, dass die Parteien in Verwaltungsstrafverfahren aufgrund ausdrücklicher Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes ein gesetzlich ausdrücklich definierter Personenkreis ist.

 

 

Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren

 

Die Möglichkeiten der Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren sind:

-         die beschuldigte Person selbst (vgl. § 32 (1) VStG),

-         der Privatankläger (siehe § 56 (2) VStG; Privatankläger), in besonderen Fällen, in denen eine Privatperson anstelle des Staates selbst ein Verwaltungsstrafverfahren einleiten kann und

-         er im Verwaltungsstrafverfahren „Privatbeteiligte“ hinsichtlich der privatrechtlichen Ansprüche, über die im Verwaltungsstrafverfahren abzusprechen ist  (siehe § 57 (1) VStG)

Darüber hinaus sieht § 17 VStG eine Parteistellung für den Eigentümer eines Verfall bedrohten Gegenstandes vor, sofern dieser nicht selbst der Beschuldigte ist.

 

 

Konkrete Auswirkungen im Verfahren

 

Die Person, die versucht, Parteistellung zuerkannt und Akteneinsicht zuerkannt zu bekommen, wird nicht als Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren vor der Datenschutzbehörde im Zusammenhang mit dem oben erwähnten Vorverfahren über das Recht auf Auskunft geführt.

 

Jedenfalls handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Ehrverletzung, so dass der Antragssteller nicht als Privatankläger im Sinne des VStG zu qualifizieren ist. Die Datenschutzbehörde wäre auch nicht die richtige Behörde, um über diese Frage zu entscheiden.

 

Der Antragsteller ist auch keine Person, deren Eigentumsgegenstand dem Verfall unterliegen würde.

 

 

Entscheidung über „privatrechtliche Ansprüche“ im Verwaltungsstrafverfahren vor der DSB?

 

Man könnte meinen, dass der Beschwerdeführer (im Verfahren nach Art. 15 ff. DSGVO, § 24 Datenschutzgesetz ein „Privatbeteiligter“ ist, der am Verwaltungsstrafverfahren nach § 57 Abs. 1 VStG beteiligt sein könnte.

 

Voraussetzung für die Parteistellung als Privatbeteiligter im Verwaltungsstrafverfahren sei jedoch, dass die Verwaltungsstrafbehörde auch über die privatrechtlichen Ansprüche aus einer Verwaltungsübertretung nach Maßgabe einzelner Verwaltungsvorschriften im Verwaltungstrafverfahren selbst im Erkenntnis entscheiden muss.

 

Die Bestimmungen des Art. 83 DSGVO und § 62 Datenschutzgesetz, die die Tatbestandsmerkmale von Verwaltungstrafdelikten normieren, sehen diesbezüglich keine Regelung vor.

 

Daher wies die Datenschutzbehörde den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung sowie Akteneinsicht ab und entschied, dass der Antragsteller nicht Partei in einem Verwaltungsverfahren, das zu einer Geldbuße nach Art. 83 DSGVO, § 62 Datenschutzgesetz oder § 30 Datenschutzgesetz führen könnte, sein kann.

 

Aus den oben genannten Gründen ist es der Datenschutzbehörde somit verwehrt, Dritten - über die gesetzlich vorgesehenen Fälle hinaus - Parteistellung einzuräumen.

 

Folglich stellte die DSB auch fest, dass der Antragsteller (der im Vorverfahren zu Art. 15 DSGVO Beschwerdeführer war) im Verwaltungsstrafverfahren gegen den Verantwortlichen kein Recht auf Akteneinsicht hat.

 

 

In einem Kommentar zum Verwaltungsstrafverfahren (zu § 57 VStG) führt der Kommentator aus, dass nur Verwaltungsvorschriften, die Schadenersatzansprüche begründen, die von der Verwaltungsbehörde selbst zu entscheiden sind, zu einer Stellung als Privatbeteiligter im Verwaltungsstrafverfahren führen können und diese Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsbehörde im jeweiligen (Verwaltungs-)Gesetz zu definieren ist.

 

 

Hier ein Beispiel: § 100 Abs. 6 StVO sieht vor, dass die Behörde, die mit privatrechtlichen Ansprüchen des Straßenerhalters gegen den Beschuldigten aus einem Verstoß nach § 99 StVO (z.B. Fahren unter Alkoholeinfluss) befasst ist, über die im Verwaltungsverfahren erhobenen privatrechtlichen Ansprüche als solche entscheidet.

 

 

Die DSGVO und das Datenschutzgesetz beinhalten mE "privatrechtlicheAnsprüchen" im Zusammenhang mit Datenschutzfragen, z.B. Auskunft, Löschung ..., und § 24 DSG legt fest, dass die Datenschutzbehörde zuständige ist, um über Beschwerden im Zusammenhang mit solchen Fragen zu entscheiden, es scheint jedoch, dass

 

-         die Datenschutzbehörde derartige Rechte der betroffenen Personen (Auskunft, Löschung ...) nicht als "privatrechtliche Ansprüche" im Sinne von § 57 (1) VStG betrachtet oder

-         die Tatsache, dass der privatrechtliche Anspruch (Auskunft) bereits in einem Vorverfahren (Beschwerdeverfahren) behandelt worden war, hinderte die Datenschutzbehörde daran, dem Antragsteller den Status einer Partei im Verwaltungsstrafverfahren zuzuerkennen.

 

 

 

03.06.2020, Autor:

Michael Schweiger


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