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Ein Spam-E-mail kommt vor den BVerfG



Am 7. Dezember 2018 erhielt ein Rechtsanwalt eine Werbe-Email; daraufhin mahnte dieser den Versender noch am gleichen Tag ab, und klagte auch einen immateriellen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der DSGVO iSd Art 82 DSGVO ein.

 

Der Kläger beantragte, die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes (in D mit "s" !) zu verurteilen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, das aber den Betrag von 500 Euro nicht unterschreiten solle.

 

Der Anspruchsteller brachte vor, dass Art 82 DSGVO für schuldhafte Verstöße gegen Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung ein angemessenes Schmerzensgeld vorsehe. Seine Email-Adresse sei im Sinne des Art. 6 DSGVO datenschutzwidrig, weil ohne Einwilligung verwendet worden.

 

Am 27. September 2019 wies das Amtsgericht Goslar die Klage zu 28 C 7/19 im Schadenersatzbegehren ab.

Im Streitfall ist ein Schaden nicht ersichtlich. Es habe sich lediglich um eine einzige Werbe-Email gehandelt, die nicht zur Unzeit versandt worden sei, die aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes deutlich gezeigt habe, dass es sich um Werbung handele, und die ein längeres Befassen mit ihr nicht notwendig gemacht habe. Das Gericht wies auch eine sog. "Anhörungsrüge" zurück.

 

Fazit: Das Gericht hat einen Schaden nicht feststellen können!

 

 

Gegen die Zurückweisung der Anhörungsrüge wandte sich der Kläger an den deutschen Bundesverfassungserichtshof, und zwar mit dem Argument, dass sein Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt sei. Dieser Beschwerde gab das BVerfG nun am 14.1.2021 (GZ: 1 BvR 2853/19) statt und stellte fest, dass das AG Goslar die Frage des Schadenersatzanspruches nicht selbständig hätte klären dürfen, sondern dem EuGH hätte vorlegen müssen, da nicht klar ist, ob Art 82 DSGVO das Überschreiten einer "Erheblichkeitsschwelle" im Hinblick auf die Auswirkungen, die ein DSGVO-widriges Verhalten verursacht, erfordert, oder jede Verletzung der DSGVO als Rechtsverletzung und damit Beeinträchtigung eines Persönlichkeitsrechts auch einen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens rechtfertigt

 

"Das Amtsgericht hätte nicht ohne Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union entscheiden dürfen, dass sich kein Anspruch des Beschwerdeführers aus der ohne seine ausdrückliche Einwilligung erfolgten Übersendung der Email aus Art. 82 DSGVO ergebe, weil ein Schaden nicht eingetreten sei." 

 

Das BVerfG hat in diesem Verfahren nicht inhaltlich zu Art 82 DSGVO entschieden, sondern eben nur, dass es notwendig ist, dass die Frage dem EuGH vorgelegt wird, um vom "letztlich zuständigen" Gericht eine Klärung zu erhalten, und es nicht zulässig sei, dass diese Frage von einem (innerstaatlichen, deutschen) Amtsgericht entschieden wird. 

 

Es ist daher davon auszugehen, dass Untergerichte diese Frage dem EuGH vorlegen werden.

 

Im Ausgangsfall hat das BVerfG entschieden, dass dem Kläger (der ja selbst der "Geschädigte" ist) die Auslagen zu ersetzen sind, sodass der Kläger zumindest für die Beschwerde Geld erhält.

 

 

05.03.2021, Autor:

Michael Schweiger


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Die Entscheidung des BVerfG im Volltext
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