ein Tesla im Wächtermodus - auch wenn nicht aufgezeichnet wird - verstößt ohne Erfüllung der Informationspflichten iSd Art 13 DSGVO gegen die DSGVO

Wer kennt das nicht. Man geht an einem Fahrzeug vorbei, es blinkt auf, und man wundert sich, was nun geschehen ist.

 

So ist es einem Passanten, der an einem nicht näher bestimmten Tag im Jahr 2022, um ca. 15.50 Uhr an einem Tesla vorbeigegangen ist, der auf auf einem Parkplatz, an dem ein Gehsteig vorbeiführt, abgestellt war. Das unbesetzte Fahrzeug blinkte kurz auf, und eine Nachschau über das Fenster hat ergeben, dass sich das Fahrzeug im sog. "Wächter-Modus" befunden hat. 

 

Dieser Sachverhalt führte zu einem Beschwerdeverfahren vor der DSB (06.07.2022, Zl. D124.0655/22 2022- 0.456.377) und in der Instanz (Bundesverwaltungsgericht), welches nun am 04.04.2024 (GZ: W214 2259197-1/14E) entschieden hat. 

 

Inhaltlich ging es ausschließlich um die Feststellung, dass der Fahrzeughalter, die Informationspflicht iSd Art 13 DSGVO verletzt hat. Diese Bestimmung schreibt vor, dass jeder Verantwortliche, der personenbezogene Daten von natürlichen Personen erhebt, diese über die Art und Weise der Verarbeitung zu informieren hat. 

 

Im Verfahren kam es zu einigen klarstellenden Feststellungen:

 

1. Der Fahrzeughalter ist Verantwortlicher iSd DSGVO:

"Zunächst ist festzuhalten, dass die Mitbeteiligte [Anm des Autos: Fahrzeughalterin], indem sie die Entscheidung traf, den Wächter-Modus zu aktivieren, zum Verantwortlichen für die gegenständliche Verarbeitung wurde. Die Mitbeteiligte hat dies auch nicht dem Grundsatz nach in Abrede gestellt, sondern lediglich vorgebracht, dass keine Aufzeichnungen getätigt wurden."

 

 

2. Es ist nicht nötig, dass im Wächtermodus Aufzeichnungen erfolgen, sondern es reicht die Erfassung mit den Kameras (Bildverarbeitung):

 

Fallbezogen wurde – wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt – durch die am gegenständlichen Fahrzeug verbauten Kameras der Beschwerdeführer erfasst. Im Hinblick auf die technische Funktionsweise der betreffenden Kameras konnte davon ausgegangen werden, dass personenbezogene Bilddaten des Beschwerdeführers verarbeitet wurden. Dies deckt sich auch mit der weiten Definition von Art. 4 Z 2 DSGVO, welcher, wie bereits oben festgehalten, auch Vorgangsreihen umfasst.

 

Anknüpfend daran geht sohin die Argumentation der belangten Behörde, dass die Videokameras zum Zeitpunkt des Passierens des Beschwerdeführers nicht aktiviert gewesen seien und der Beschwerdeführer daher durch die im Fahrzeug vorhandenen Kameras auch nicht aufgezeichnet worden sei und sohin auch keine Daten des Beschwerdeführers erhoben worden seien, ins Leere.

 

Wenn auch nicht festgestellt werden konnte, dass eine Speicherung der Daten durch die Mitbeteiligte erfolgte, fand dessen ungeachtet eine (Bild-)Verarbeitung von Daten des Beschwerdeführers durch die am Fahrzeug angebrachten Kameras statt, welches sich im fallrelevanten Zeitraum im „Wächter-Modus“ befunden hatte.

 

Insofern trifft aufgrund der erfolgten Bildverarbeitung die Mitbeteiligte auch die Pflicht zur Information bei Erhebung von personenbezogenen Daten nach der DSGVO."

 

 

Anmerkungen: 

 

1. Die Datenschutzbehörde hat die Beschwerde abgewiesen, da keine Erhebung von Daten erfolgt sei, da es zu keiner Aufzeichnung gekommen ist (siehe Seite 3 f, Pkt. 5. der Entscheidung)

 

2. Das BVwG setzt sich in mehreren Absätzen der Entscheidung mit der Frage des "Erhebens" bzw. "Erfassens" von personenbezogenen Daten auseinander (Seite 17 f). Schon die reine Bilderfassung wird von der Behörde als Verarbeitung iSd Art 4 Z 2 DSGVO gesehen. Dies trifft auch auf Echtzeiterfassung bzw. Echtzeitübertragung zu.

 

Auch die DSB vertritt an sich einen ähnlich weiten Standpunkt in Bezug auf die Verarbeitung von Daten: "das Erfassen und die Übertragung von Echtzeitaufnahmen auf einen Monitor stellt eine Verarbeitung iSd Art. 4 Z 2 DSGVO , ebenso wie die Speicherung." (GZ 2023-0.159.938 vom 4. August 2023 (Verfahrenszahl: DSB-D213.1759) in einem amtswegigen Prüfverfahren)

 

Das BVwG hat Ähnliches bereits in Bezug auf eine Kamera, die einen Eingangsbereich erfasst, und das Bild auf das Mobiltelefon des Verantwortlichen überträgt, entschieden: 

*BVWGT_20230927_W211_2260980_1_00.pdf (bka.gv.at)

 

3. Informationen zum Wächtermodus in Berichten deutscher Aufsichtsbehörden:

LfDI Berlin (2022), Seite 108

"Seit Ende 2022 ist der Wächter-Modus nach einem Software-Update wesentlich datenschutzfreundlicher gestaltet. Insbesondere sind die Kameras nun standardmäßig deaktiviert. Die Halter:innen können selbst einstellen, ob permanent Videoaufnahmen erfolgen sollen. Sind die Kameras deaktiviert, werden Bedrohungen lediglich durch Sensoren erkannt, die nur bei Berührungen des Fahrzeugs, nicht mehr bei Aktivitäten um das Fahrzeug herum – etwa bei bloßem Vorbeigehen – reagieren. Wird eine Bedrohung festgestellt, werden die Kameras ebenfalls nicht mehr automatisch aktiviert, vielmehr empfangen die Halter:innen eine Benachrichtigung per Mobiltelefon, ob Videoaufnahmen angefertigt werden sollen. Zudem hat Tesla die Dauer der Videoaufnahmen auf ein bis zehn Minuten – je nach den Einstellungen der Halter:innen – reduziert. auf ein bis zehn Minuten – je nach den Einstellungen der Halter:innen – reduziert."

 

 

 

 


Diese Entscheidung wurde von DATENSCHUTZ | MÜHLBÖCK auf Linked-In veröffentlicht, und ich habe freundlicherweise auch die Zustimmung erhalten, diese auf meiner Website zu präsentieren. Danke hierfür an Dietmar Mühlböck.

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Die Entscheidung des BVwG im Volltext
W214_2259197_1_14E_1713603286 Wächtermod
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