NOYB verliert in der zweiten Instanz in Belgien - Cookie-Banner-Projekt ist mangels direkter Betroffenheit "Rechtsmissbrauch"

Cookie-Banner-Projekt von NOYB: Abweisung wegen Rechtsmissbrauch

 

Behörde: Belgische Datenschutzbehörde (Autorité de protection des données), Chambre Contentieuse

 

Datum: 26. Juni 2025, GZ: 107/2025 (DOS-2021-06455 und DOS-2021-06473)

 

Rechtssatz: Eine systematische Generierung von Datenschutzbeschwerden durch

eine Organisation kann als Rechtsmissbrauch gewertet werden, wenn sie nicht von der betroffenen Person ausgeht, sondern der Organisation zur strategischen Zielverfolgung dient.


Sachverhalt

Im Rahmen des Projekts „Cookie Banner Complaints“ reichte NOYB – European Center for Digital Rights im Namen zweier österreichischer Personen Beschwerden gegen Mastercard Europe SA ein. Die Vorwürfe bezogen sich auf die rechtswidrige Einholung von Cookie-Einwilligungen auf den Webseiten mastercard.sk und mastercard.it. NOYB verfolgte das Ziel, in großem Stil Verstöße gegen die Einwilligungsregelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) automatisiert zu erkennen und durch Massenbeschwerden zu sanktionieren.

Die belgische Datenschutzbehörde untersuchte die Beschwerden und stellte wesentliche Zweifel an der Authentizität des Vertretungsverhältnisses und der Rolle der „betroffenen Personen“ fest.

 


Rechtliche Würdigung

Die Chambre Contentieuse kam zu dem Schluss, dass die Beschwerden nicht von den betroffenen Personen initiiert, sondern vollständig durch NOYB vorstrukturiert und gesteuert wurden.

 

Dabei wurden betroffene Personen offenbar nachträglich eingebunden – teils als Praktikanten oder Mitarbeiter von NOYB. Die Initiative, Zielauswahl, technische Analyse und sogar das Formulieren der Beschwerden gingen von NOYB aus. Die betroffenen Personen traten lediglich als formale Beschwerdeführer auf.

 

Damit liege ein Rechtsmissbrauch im Sinne des Art. 80 Abs. 1 DSGVO vor, weil der durch die DSGVO eingeräumte Beschwerdemechanismus zweckentfremdet wurde. Es seien keine realen, individuellen Anliegen verfolgt worden, sondern strategische Ziele von NOYB.

 

Die Entscheidung stützt sich dabei auf:

  • die Rechtsprechung des EuGH zum Missbrauch von Unionsrecht,

  • ein Urteil der belgischen Cour des marchés vom 19. März 2025 (Az. 2024/AR/1690), das NOYB ebenfalls einen Rechtsmissbrauch bescheinigt hatte,

  • sowie auf nationale belgische Rechtsgrundsätze zum Verbot des Rechtsmissbrauchs.

Die Beschwerden wurden daher endgültig eingestellt.


Fazit und Schlussfolgerung

Diese Entscheidung stellt einen Wendepunkt im Umgang mit strategischer Rechtsdurchsetzung durch NGOs dar.

 

Während Art. 80 Abs. 1 DSGVO eine Vertretung von betroffenen Personen durch Organisationen ermöglicht, setzt dies nach Ansicht der Behörde eine echte Betroffenheit und Eigeninitiative der betroffenen Personen voraus.

 

Für Verantwortliche (Organisationen, die personenbezogene Daten verarbeiten) bedeutet diese Entscheidung:

 

  • Sie sollten bei massenhaften Beschwerden prüfen, ob ein echter Personenbezug vorliegt, und die Initiative von den betroffenen Personen ausgeht.

  • Behörden und Gerichte könnten künftig automatisierte oder taktisch motivierte Beschwerden kritischer prüfen.

  • Dennoch dürfen Organisationen den Inhalt der Beschwerde nicht pauschal ignorieren, sondern müssen die Cookie-Banner weiterhin rechtskonform ausgestalten.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0