Nach dem OGH entscheidet nun auch das BVwG im Interesse des Dienstgebers bei der Einsichtnahme in berufliche E-Mails nach Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis

Die Weiterleitung von Daten aus einem personalisierten, beruflichen E-Mail-Account und die Einsichtnahme durch den Dienstgeber ist durch Art 6 Abs 1 lit f DSGVO gerechtfertigt., insbes. wenn die Anweisung besteht, den E-Mail-Account nur beruflich zu nutzen.

 

Es besteht ein Interesse des Dienstgebers daran, den ungestörten Geschäftsbetrieb sicherzustellen und die beruflichen E-Mails weiterzuleiten.

 

Das BVwG setzte sich auch mit der Frage auseinander, ob die Einrichtung eines auto-reply. Es kommt zum Schluss, dass es bei einem Account, der vom Dienstgeber dem Dienstnehmer zur Abwicklung dienstlicher Aufgaben zur Verfügung gestellt wird, das Interesse des Verantwortlichen darin besteht, den Unternehmensbetrieb und den Kundenkontakt weiter aufrecht zu erhalten, und trotz einer personellen Veränderung eine möglichst friktionsfreie Geschäftsabwicklung zu ermöglichen. Die Einrichtung eines auto-reply erschien dem BVwG daher als besondere Maßnahme, die einen zusätzlichen Aufwand für Geschäftspartner bedeuten würde, unverhältnismäßig

 

Auch das "Sichten" der E-Mails und damit die Feststellung, ob es sich um berufliche oder private Korrespondenz handelt ist nach Ansicht des BVwG vom Interesse des Verantwortlichen gedeckt. 

 

Ein Zeitraum von vier Monaten über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus ist (so das BVwG) bei dieser Nutzung des E-Mail-Accounts nicht überschießend.

 

 

Aus dem Entscheidungstext:

 

"Vor dem Hintergrund der anerkannten und über ein aufgelöstes Vertragsverhältnis nachwirkenden Fürsorge- und Treuepflichten im Arbeitsverhältnis (siehe zB OGH 9ObA 70/15g vom 24.06.2015) lassen sich gegenständlich auch für die Zeit kurz nach Ende eines Dienstverhältnisses hinausgehende berechtigte Interessen der mP, die eine Verarbeitung rechtfertigen können, nicht absprechen. Genauso wie mit zunehmender zeitlicher Entfernung auch nachvertragliche Treuepflichten abnehmen (mutatis mutandis OGH 9Oba 56/11t vom 30.04.2019), nimmt auch ein diesbezügliches berechtigtes Interesse der mP an der weiteren Verarbeitung des Emailaccounts ab, und gewinnen die datenschutzrechtlichen Interessen der betroffenen BF an der Einstellung der Sichtung und Verwendung des Emailaccounts an Bedeutung. Gegenständlich wurden der Emailaccount und die darin enthaltenen personenbezogenen Daten nach ca. drei Monaten nach Ende des Dienstverhältnisses  deaktiviert und vier Monate danach gelöscht. In diesen Fristen, drei bis vier Monate nach Ende des Dienstverhältnisses, sieht der erkennende Senat keine unverhältnismäßig lange  Wahrnehmung betrieblicher Interessen der mP, die geeignet wäre, aus den berechtigten und überwiegenden Interessen der mP solche zu machen, denen gegenüber jene der BF überwiegen. [...]

 

Im Übrigen ist der DSB dahingehend beizupflichten, dass die BF grundsätzlich damit rechnen musste, dass ihre ehemalige Dienstgeberin für die weitere Abwicklung von Geschäftsinteressen in den durch sie der BF zur Verfügung gestellten Emailaccount Einsicht nehmen würde, auch über die Kündigungsfrist von vier Wochen hinaus. Die BF war außerdem nicht daran gehindert, während der Kündigungsfrist auf ihren Emailaccount zuzugreifen und private Kontakte zu informieren, private Nachrichten zB an einen privaten Emailaccount  weiterzuleiten und dann gegebenenfalls zu löschen. Dass der mP aus dem Faktum, dass die BF  dies nicht getan hat, die Verpflichtung übertragen werden soll, möglicherweise für Kundenbeziehungen abträgliche Maßnahmen in der Kommunikation zu setzen, um private Emailkorrespondenzen der BF datenschutzrechtlich zu schützen, scheint nicht statthaft."

 

 

Den Volltext der Entscheidung finden Sie bei unserem Kooperationspartner Gesetzefinden.at (hier). Die OGH-Entscheidung 6 Ob 82/21v vom 28.06.2023 wurde im Blog bereits kurz besprochen.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0